Instagram

Meine Freunde

 

Sie sitzen an traumhaften Sandstränden
Sie reisen in ferne Länder
Sie schlürfen bunte Cocktails
Sie fahren Jetski
Sie essen die erlesensten Speisen

Meine Freunde wohnen in Berlin
Meine Freunde sind Künstler
Meine Freunde sind Yoga-Lehrer

SIE SEHEN SO GUT AUS

Wenn sie mit ihren perfekten Drinks und ihren perfekten Yogafiguren
EINEN KOPFSTAND AUF EINER ROLLTREPPE
AM FLUGHAFEN VON NEU DHELI MACHEN

Meine Freunde haben die besten Ratschläge

QUIT YOUR JOB
DISCOVER THE WORLD
BREATH MORE

Sie leben, was sie lieben
Sie lieben ihr Leben
Sie lächeln in die Kamera

Und ich lasse einen fahren.

Dann mache ich Instagram aus und ärgere mich,
dass ich nicht an einem Sandstrand in einem fernen Land sitze,
Cocktails schlürfe und auf einem Jetski sitzend erlesene Speisen speise
Sondern auf einem kalten Keramikklo hocke, den Boden anstarre und Speisereste aus mir herauspresse.

Das gibt keine Likes.

Ich hasse Instagram!
Es macht mich depressiv!
Und es bestimmt mein Leben!

Denn egal wohin ich gehe, egal was ich mache,
ob ich jetzt ein Buch lese oder einen Burger esse oder das Arbeitsamt anstarre
die ganze Zeit höre ich eine Stimme

Das musst du jetzt posten!

Nimmt mir den ganzen Spaß am Leben.
Nicht mal mehr besoffen nach Hause torkeln macht noch Laune
Man muss ja immer postbereit sein

Ich könnte kotzen
Wenn ich das nicht auch wieder posten müsste

Aber ich hab was dagegen
Vor meiner letzten Reise hab ich mir was einfallen lassen:

Ich habe mir die berühmtesten Sehenswürdigkeiten bei Google gesucht
Und dann meine Fresse mit Photoshop reingeklebt.
Richtig schlecht.

Kam super an.

Kein Stress mehr
Keine Post-Safari mehr…
TROTZDEM bin ich wie ein Idiot im Dschungel von Ecuador rumgerannt und hab nach geilen Bildern gesucht.

Für Tinder natürlich.

Matches gleich Null
Urlaub also für den Arsch
Und die Instagramstimme bin ich auch nicht losgeworden,

Mittlerweile geht das sogar so weit, dass, wenn ich keine instagrammablen Dinge mache, mir mein digitales Ich sagt

SUCH DIR NEUE HOBBYS MANN!

Ich bekomme dann ein schlechtes Gewissen, wenn ich an einem Sommertag
Einen Spaziergang mache
Oder Basketball spiele.
Oder einfach ATME.

BREATH MORE

WIESO TRINKST DU KEINEN SEKT
Sagt die Stimme dann
WIESO TANZT DU NICHT DEINEM FAHRENDEN AUTO HINTERHER
WIESO TANZT DU NICHT AM STRAND MIT EINEM SEKTGLAS IN DER HAND AUF DEINEM BULLI!

Scheiß drauf, habe ich mir gesagt.
Und dann einfach nur Scheiße gepostet.
Aber nicht von Traumstränden, näää.

Meine Posts, das waren Antiposts.
Ein Hashtaganschlag.
Das war eine Rebellion gegen Instagram – auf Instagram

Hier eine kleine Auswahl meines Waffenarsenals
auf meine Profil “Laxhahn” (mit x)

  1. Ein Bild meiner Freundin Anna, wie sie für ihren Instagram-Account einen von mir angebissenen Dürüm fotografiert
  2. Grauer Schneematsch mit dem Hashtag #Winterzauber
  3. Ein Baumstumpf, eingewickelt in Absperrband
  4. Nochmal Schneematsch und ein Seitenstreifen
  5. Eine Litfaßsäule mit Helene Fischer drauf, davor eine zerrissene Hose, sowie eine Flasche Rotwein, mit der Unterschrift “Opfer!”
  6. Ein Bild, wie mein Kumpel Kai ein Foto von jemandem macht, der ein Foto von jemandem macht, die sich auf dem Boden räkelt (in Berlin!)
  7. Ein Bild von einem Hengst, auf dem der Kopf von Tom Hanks drauf gephotoshoppt ist, mit der Headline “Tom Hengst”

Der Erfolg:

Null Likes
Ich wieder frustriert

So frustriert, dass ich wütend einen Text
gegen diese Instagram-Panik geschrieben –
Und auch diesen wieder gepostet hab
Vielleicht hat er euch ja ganz gut gefallen
Dann könnt ihr mir ja ein Like da lassen:
Bei Instagram – unter „Laxhahn“ – mit X.

Danke